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Online-ZeitungCiao Ragazzi - Palastrevolution |
12.12.2012 |
Und dies, obwohl er im Oktober des Jahres wegen Steuerbetrugs in erster Instanz verurteilt wurde und ihm das Gericht die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt hat. Kurz zuvor hat auch die Regierung mittels Dekret entschieden, dass sich rechtskräftig Verurteilte mit mehr als zwei Jahren Haft für die nächsten sechs Jahre nicht mehr für politische Ämter bewerben dürfen. Doch stehe einer fünften Amtszeit eigentlich nichts mehr im Wege, meint der Medientycoon. Ihm gegenüber steht Pier Luigi Bersani als Spitzenkandidat der sozialdemokratischen PD. Der 61-jährige setzte sich in einer Stichwahl am vergangenen Wochenende gegen den Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi durch. Nicht unbedingt ein Freund des Mailänders bezeichnet Bersani diesen als "verantwortungslos"! Berlusconi stürze das Land in eine tiefe Krise. Bersani bekennt sich zum Sparkurs Montis, nur fordert er Verbesserungen für arme Bürger und Arbeiter. Ihm werden durchaus gute Chancen auf eine Mehrheit eingeräumt, die PD führt mit 30,3 % derzeit zudem in den Umfragewerten. Doch auch bei seinen Anhängern ist Berlusconis Entscheidung durchaus umstritten. So manch einer spricht von "Selbstzerstörung". Viele haben noch seine Aussage "Italien ist ein Scheißland!" in Erinnerung. Dieser Tage meinte er, dass er den Präsidentenpalast Chigi in Rom nicht vermisst habe. Auch in der unabhängigen Presse wird immer wieder von einem nicht "gut durchdachten politischen Manöver" gesprochen. Vielmehr sei es der Frust, der Berlusconi zur Annahme treibt, seine Partei "Volk der Freiheit" bröckle ohne seine Führung auseinander. Und schon erschallen wieder starke Sprüche aus seinem Imperium. Die Regierungszeit Montis sei vorbei - die Spielregeln bestimme der Zampano nach wie vor selbst. Auch wenn er noch vor zwei Monaten komplett anderer Meinung war und eine zweite Amtszeit der Experten befürwortete. PdL-Vorsitzender Angelino Alfano betonte erst kürzlich, seine Partei werde noch die wichtigsten Entscheidungen mittragen. Hierzu gehöre auch der Haushaltsplan. Daneben glaube man trotzdem an die EU, "das heißt aber nicht, dass wir weiterhin immer Ja zu Forderungen aus Deutschland und Frankreich sagen werden." |
Der Cavalliere will zurück an die Hebel der Macht und dann mit der Justiz aufräumen. Mit jenen Richtern vor allem, die den Meister zu vier Jahren Haft verurteilt haben. Einige Verfahren stehen noch aus. Sollte Berlusconi also tatsächlich gewählt werden, so hätten sich die Italiener für einen in erster Instanz (jedoch noch nicht rechtskräftig) verurteilten möglichen Kriminellen entschieden. Doch sind die Umfragewerte nicht wirklich rosig: Die PdL rangiert nach einer aktuellen Umfrage der staatlichen RAI bei rund 14-16 %. Dies sind übrigens zwei Punkte weniger als die Protestbewegung Fünf Sterne des Komikers Beppe Grillo, die zweitstärkste Gruppierung nach der PD. Die Umfragewerte sollen im Wahlkampf mit Schwerpunkten in der Europa-Skepsis und Steuer-Erleichterungen ausgeglichen und hinaufgeschraubt werden. Wie Berlusconi dann wirtschaftspolitisch weitermachen würde, wie er den Riesenhaufen an Staatsschulden (2 Billionen Euro) kleiner machen möchte, das lässt er derzeit noch offen. Seine Partei meint, dass während der Regierung Montis alles zum Schlechteren abgerutscht sei: Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosenzahlen,... Erste Reaktionen auf die Geschehnisse ließen auch nicht lange auf sich warten. So warnte EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso bereits davor, den beschrittenen Sparweg verlassen zu wollen. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der EU. Die Reformen müssen weitergeführt werden, da ansonsten ganz Europa in den Grundfesten erschüttert würde - allen voran Spanien. Dieser Meinung schließt sich auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) an. Gelassen reagiert unterdessen das deutsche Bundesfinanzministerium: man erwarte sich, dass Italien die Vereinbarungen einhalte. Auch der Chefvolkswirt der OECD, Pier Carlo Padoan, fordert von allen italienischen Parteien ein Bekenntnis zum Sparkurs! An der Börse waren italienische Aktien und v.a. Staatsanleihen günstig wie schon lange nicht mehr zu erwerben. Der Risikoaufschlag zu als sicher geltenden deutschen Schuldtiteln jedoch stieg stark an (im zehnjährigen Laufzeitbereich auf mehr als 3,5 Prozentpunkte). Die britische Zeitung "The Economist" titelt sogar "...das Letzte, was Italien braucht!" (Ulrich Stock)
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